Great art at a temporarily forgotten place
SIGHTING II, Munich, Text by Ralph Drechsel in muenchenarchitektur.com (2019)
The sculpture bears an index in the title, a number that identifies the respective position, because the place, the environment, are essential to us. In Munich, our work can therefore be seen as SIGHTING II.
An Interview with Hildegard Rasthofer and Christian Neumaier in mucbook (2019)
VOICES ABOUT THEIR WORK
(…) es geht hier nicht um eine Anverwandlung klassischer Menschenbilder, sondern um eine Art Demontage-Erfahrung mit dem menschlichen Körper und seiner Verzerrung, was einen ebenso zu neuen Erfahrungen und Ideen bringen kann wie die Auseinandersetzung mit klassischen Figuren. Hier wird also das skulpturale Erlebnis zur inspirierenden Konfrontation.
— Joachim Goetz, Münchner Feuilleton, über »Raum O« in der Glyptothek
Ich denke, »Sichtung« ist, seinem Titel gemäß, ein wunderbarer Point de Vue. Und das in reziprokem Sinn: es ist ein Objekt zum Sehen und zum gesehen Werden. Es bereichert in doppeltem Sinn die Landschaft.
— Prof. Dr. Rainer Metzger, Akademie der Bildenden Künste, Karlsruhe (Zitat für mSE Kunsthalle)
Bildwerke in die Landschaft zu stellen, sie in der Natur wirken zu lassen, ist seit der Antike eine große Aufgabe der Kunst. Die umgebende Natur kann das Bildwerk in seiner Wirkung steigern, andererseits verweist das in der Landschaft aufgestellte menschliche Werk, von wem es auch gemacht sein mag, immer auf die Einzigartigkeit und Größe der Natur. In den Landschaftsgärten der Barockzeit, wie z. B. der Garten der Villa d´Este in Tivoli, wurde dieses Thema zur hohen Perfektion gebracht: Häufiger Wechsel von Licht und Schatten, überraschende Ausblicke in die Ferne und oft der Klang von plätscherndem Wasser sollen die Sinne des Gartenbesuchers reizen.
Die Raum- und Klangskulptur SICHTUNG intendiert Ähnliches und erreicht es mit heutigen, unserer Zeit gemäßen Mitteln. Das elegant proportionierte (Grundriss 2,4 x 2,4m), über 32 Meter hohe und aus 13 übereinander positionierten Kuben bestehende Werk führt den Blick des von außen Betrachtenden automatisch nach oben. Innen führt eine enge Wendeltreppe zu dem bekrönenden Aussichtspodest.
Naturgemäß blickt man nach unten, konzentriert sich auf die Stufen, wenn man eine Wendeltreppe hinaufschreitet. Doch hier ist es anders: Nach wenigen Schritten öffnet sich ein 48 cm breiter – entsprechend dem Treppenverlauf – von Decke bis zum Boden reichender Einschnitt: Er lässt Licht einfallen und lenkt vor allem den Blick nach außen. Da in jedem Kubus zwei diagonal sich gegenüberliegende Einschnitte sind, blickt man beim Hinaufschreiten wie auch beim Heruntergehen der über 150 Stufen 26 mal in eine andere Richtung der Landschaft, bzw. aus anderer Höhe in die Landschaft. Der ständige Wechsel des Blickwinkels auf eine jeweils nur ausschnitthaft zu sehende Umgebung steigert die Intensität der Wahrnehmung. Da die Metallstufen unter dem Schritt des Einzelnen leicht schwingen und vor allem klingen wird der Turm zum Resonanzkörper der eigenen Bewegungen bzw. all derer, die sich in ihm bewegen. Ein Bildwerk in der Landschaft, das die menschlichen Sinne stimuliert.
— Prof. Dr. Raimund Wünsche, ehem. Direktor der Glyptothek und der Staatlichen Antikensammlungen in München (Zitat für mSE Kunsthalle)
Es ist, als ob man auf einer Landkarte dezent einen Ort festhalten wollte. Aus der Ferne ist SICHTUNG III weniger Signatur als Markierung, ein Strich in der Landschaft nachgerade. Vor Ort wird SICHTUNG III zu einer körperlichen Erfahrung. Der Blick gleitet an den Außenwänden direkt gegen den Himmel, hat man sich die Skulptur schließlich körperlich erarbeitet und ist durch das Innere erst nach oben gelangt, darf man sich mitten drin und obenauf fühlen, welch Überblick auf das Terrain, welch Aussicht auf die Landschaft…
— Daniela Gregori, Kunsthistorikerin, Kuratorin (Zitat für mSE Kunsthalle)
Aus der Nähe gibt sich das Objekt gar nicht monumental, das Kompakte und das Filigrane sind in einer ruhigen Balance. Im Spiel des Lichts und der Wolken ändert die metallene Oberfläche der Stahlwände ständig ihre Farben, changiert von Rostbraun über Silberblau zu Schwarz. Organisch fast wie von Flechten überzogen wirkt der industrielle Werkstoff, was erstaunlich ist, bedenkt man die Härte des Materials und die Hitze, mit der er gefertigt wurde.
— Jutta Czeguhn, Süddeutsche Zeitung
Die Auseinandersetzung mit der Situation vor Ort ist dem Duo ein Anliegen. Ihre skulpturale Installation SICHTUNG soll einen Bezug zum Umfeld, zum Raum, zur Geschichte einer Lokation entwickeln, die Wahrnehmung für einen Ort schärfen, Räume öffnen, den Blick weiten und bei jeder Stellung eine neue Perspektive auf das Werk selbst und seinen landschaftlichen und architektonischen Kontext schaffen.
— Ralph Drechsel, freier Autor
Es scheint, als wäre die Skulptur für diesen Ort konzipiert worden. Das zeigt die Qualität der Skulptur, die mit jedem Standort einen neuen Kontext für sich erschließt. Mit jedem Ort wird ihre Spur angereichert und das Werk komplexer.
— Prof. Dr. Jörg Skriebeleit, Leiter der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg